Aktuell bekommen viele Fahrschulen Abmahnschreiben einer Kanzlei aus Berlin, teilt der Fahrlehrerverband Niedersachsen in seinem Newsletter mit. Grund: die Nutzung von Google-Schriftarten auf ihrer Website. Das kann teuer werden. Deswegen sollten Fahrschulen schleunigst reagieren und diese Schriftarten auf ihrer Website beseitigen (lassen).
Die Argumentation der Kanzlei ist, dass „Google Fonts“ derart installiert sind, dass nicht nur die Schriftarten angezeigt werden, sondern dass unter anderem auch die IP-Adresse des Besuchers an Google in den USA weitergeleitet wird. Das sei ein Verstoß gegen den Datenschutz. Die besagte Kanzlei verzichtet auf weitere rechtliche Schritte, wenn der Verantwortliche einer Zahlung in Höhe von 170 Euro zustimmt.
Welche Rechtsgrundlage hat die Kanzlei dafür?
Das Landgericht (LG) München hatte im Januar 2022 die Online-Nutzung von Google Fonts mit der Begründung verboten, dass dabei unerlaubt personenbezogene Daten an Google in die USA weitergegeben werden (Az. 3 O 17493/20).
Außerdem hat das LG dem Besucher der Website auch noch einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 100 Euro zugestanden. Ein solcher Anspruch kann sich aus Artikel 82 der DSGVO ergeben und steht jeder Person zu, „der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist“. Die Frage, wie stark ein solcher Eingriff sein muss, um ein Schmerzensgeld auszulösen, ist höchst umstritten und wird überwiegend als überzogen kritisiert.
Gleichwohl stellt diese Entscheidung die Grundlage für die versandten Abmahnungen und Forderungsschreiben dar.
In der Vergangenheit wurden in Massenabmahnungen nicht nur ein Schmerzensgeld gefordert, sondern Website-Betreiber auch zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert, die mit Anwaltsgebühren in Höhe von ca. 360 € zu Buche schlägt.
Ich habe eine Abmahnung wegen der Verwendung von Google Web Fonts erhalten – was soll ich tun?
Grundsätzlich raten wir dir, ein solches Schreiben nicht einfach zu ignorieren. In jedem Falle solltest du die Google Schriftarten auf deiner Website durch lokal verwendete Schriftarten ersetzen. Damit bist du ab diesem Zeitpunkt schon einmal auf der sicheren Seite.
Was die Zahlung der Abmahnung angeht, empfehlen wir, vorsichtshalber einen Fachanwalt hinzuziehen, der auf IT-Recht spezialisiert ist. Da Abmahnanwälte keine „normalen“ User darstellen, sondern diese ganz bewusst deine Website angesteuert haben, um dir die Nutzung von Google Web Fonts nachzuweisen, ist es zweifelhaft, ob sie auch tatsächlich in die Gruppe der Geschädigten fallen. Immerhin haben Sie mit diesem Risiko sogar geliebäugelt und sehen darin einen Gewinn – keinen Schaden.
Was sind eigentlich Google Web Fonts?
Google bietet mit seinen Web Fonts ein großes kosten- und lizenzfreies Schriftartenverzeichnis an, das für jeden zugänglich und nutzbar ist. Mittlerweile sind darin über 1400 Schriftarten enthalten. Vor Einführung der Google Fonts konnten Webentwickler nur Schriften benutzen, für die eine Lizenz erworben werden musste, oder die eine Standardschriftart darstellten, die der Betrachter ebenfalls auf seinem Endgerät installiert hatte. Googles Schriftarten haben ein hohes Maß an Flexibilität und auch Kostenersparnissen mit sich gebracht. Kein Wunder also, dass sie sich höchster Beliebtheit erfreut haben.
Aber im Leben ist nichts umsonst – und so hat auch die kostenfreie Nutzung der Web Fonts einen Haken, und zwar für den Endbenutzer. Denn Google ermittelt über die Nutzung seiner Schriftarten auch Daten der Nutzer, um diesen dann unter anderem relevante Werbung auszuspielen. Das ist das Problem – und an dieser Stelle kommt die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) ins Spiel, die dem Nutzer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gibt. Das bedeutet, dass der Nutzer seine Einwilligung geben muss, bevor Daten über ihn erhoben werden.
Reicht es aus, wenn ich die Nutzung der Google Fonts in meiner Datenschutzerklärung erkläre?
Leider nein. Das Landgericht München hat entschieden, dass es sich hierbei nicht um eine technische Voraussetzung zum Betrieb der Website handelt. Das wird damit begründet, dass es technische Möglichkeiten gibt, diese Web Fonts lokal auf dem Webserver und in die Website einzubinden. Dieser Aufwand wird den Website-Betreibern zugemutet, weil der Schutz der Privatsphäre der Nutzer höher gewichtet wird, als ebendieser Aufwand.
Wie kann ich überprüfen, ob meine Website Google Web Fonts verwendet?
Als ersten Rat zur Soforthilfe empfehlen wir die Überprüfung, ob deine Website überhaupt von diesem Problem betroffen ist. Und so geht das: Dein Browser (also das Programm, mit dem du Websites aufrufst) beinhaltet eine Entwicklerkonsole, in der du dir deine Website und ihre Datenströme anschauen kannst.
Wir empfehlen für das Aufspüren von Google Web Fonts den Browser Chrome. Hier rufst du die Entwicklerkonsole durch Eingabe von F12 auf. Je nach Einstellung öffnet sich rechts oder unten ein Fenster. Dort wählst du die Registerkarte „Quellcode“ bzw. „Source“ aus (je nach Spracheinstellung). Im linken Bereich werden dir die Kontaktpunkte aufgelistet, mit denen deine Website Verbindung aufnimmt. Je nach Entwicklung der Seite kann das unterschiedlich aussehen. Worauf du achtgeben musst, ist ein Ordner fonts.gstatic.com und / oder fonts.googleapis.com. Nach einem Klick auf diese Ordner werden dir die verwendeten Google Web Fonts angezeigt.
Welche Schriftart und welche Schriftstärke du verwendet, kannst du sehen, wenn du die Schriftart anklickst und auf der rechten Seite „Initiator“ anklickst. In Beispiel unten handelt es sich um die Schriftart Open Sans in den Schriftstärken 400 und 600.
Wie viel Aufwand ist es, Google Web Fonts von meiner Website zu entfernen?
Der Aufwand schwankt je nach Verwendung. Handelt es sich „lediglich“ um die Beseitigung innerhalb des Themes deiner Website, ist es weniger Aufwand, wie wenn zusätzlich auch noch irgendwelche anderen zusätzlich installierten (meist amerikanischen) Plugins auf diese Schriftarten zugreifen.
Und natürlich ist es ein Unterschied, ob du ein kompletter Laie bist oder dich mit dem Thema bereits auseinandergesetzt und routiniert im Umgang mit WordPress oder deinem verwendeten CMS bist.
Wenn deine Zeit begrenzt und deine Fehlertoleranz gering ist, empfehlen wir dir, dies einen Fachmann erledigen zu lassen. In einer Fahrstunde hast du das verdient, was ein Entwickler dir berechnen würde. Dafür hast du Zeit und Nerven gespart.
Wichtige Links
Fahrschule.de
https://www.fahrschule-online.de/nachrichten/google-fonts-kanzlei-mahnt-fahrschulen-ab-3261156
Gerichtsurteil vom LG München:
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2022-N-612?hl=true
Heise online:
https://www.heise.de/news/DSGVO-Abmahnwelle-wegen-Google-Fonts-7206364.html